Vier Gewinnt - die jungen Wilden bei Google
Vier verschiedene Charaktere, vier verschiedene Lebenswege. Zwei Gemeinsamkeiten aber teilen Dominic Battré (31), Felix Arends (26), Jochen Eisinger (33) und Christoph Flake (24): Sie alle waren Sieger des Bundeswettbewerbs Informatik und arbeiten heute erfolgreich in der deutschen Niederlassung des Internetriesen Google in München. Was neben einem guten Frühstück die beinahe freundschaftliche Arbeitsatmosphäre bei Google ausmacht, an welchen Projekten die Informatik-Profis konkret arbeiten und was sie jungen Nachwuchsprogrammierern von heute raten, dazu haben wir sie im Interview befragt.
BWINF: Wann und wodurch entstand der erste Kontakt mit Informatik? Gab es schon immer Interesse oder gab es einen speziellen Auslöser (zum Beispiel Eltern, Mentoren etc.)?
Dominic Battré: Der erste Kontakt zur Informatik entstand über meinen Vater, der DVO unterrichtet hat. Den Kontakt zum Wettbewerb fand ich über ein Aufgabenblatt im Informatik-Raum. Das Buch "Algorithmen" von Robert Sedgewick habe ich abends nach der Schule gelesen und erfolgreich am Wettbewerb teilgenommen.
Felix Arends: Ich habe mich schon, solange ich erinnere, dafür interessiert, Computer zu programmieren. Als ich sechs oder sieben war, hat mein Vater mir gezeigt, wie ich simple Programme in Quick Basic für DOS schreiben kann.
BWINF: Und bei Ihnen, Herr Flake? Entstand das Interesse auch über den Vater?
Christoph Flake: Ja. Ende der Grundschule habe ich auf dem i386 meines Vaters zusammen mit meinem Bruder angefangen, einfache existierende Programme minimal zu modifizieren.
Jochen Eisinger: Ich bin durch den BwInf auf Informatik gekommen. In der Schule hing ein Plakat zum Wettbewerb, und ich fand die Aufgaben interessant.
BWINF: Was fasziniert Sie an Informatik?
Battré: Es ist ein wenig wie Kunst. Nur wenige Lösungswege sind elegant und effizient. Es ist inspirierend, die Programme von guten Entwicklern zu lesen.
Arends: Das zufriedenstellende Gefühl, wenn man ein effizientes, nachweisbar korrektes Programm geschrieben hat, das in gewissen Grenzen alle möglichen Instanzen eines Problems löst.
Flake: Es ist die Universalität: die Vielzahl an Problemen, zu denen die Informatik Lösungen beiträgt. Die permanente Herausforderung.
BWINF: Das klingt einleuchtend. Kommen wir auf den Bundeswettbewerb Informatik. Sie alle haben ihn gewonnen. Woran erinnern Sie sich noch gerne?
Battré: Die Spannung, die Umschläge mit der Bewertung der Einsendungen zu öffnen. Ich habe viele Freunde über den BwInf kennengelernt, die mein Leben maßgeblich beeinflusst haben.
Arends: Es hat mir immer viel Spaß gemacht, die Aufgaben des BwInf zu lösen. Besonders gerne erinnere ich mich an meine Teilnahme an der Endrunde.
BWINF: Sie alle sind noch sehr jung und bereits erfolgreich - wie ging es nach dem Wettbewerb weiter, und wie wichtig war er für Sie beruflich und privat?
Battré: Viele Bewerbungsverfahren wurden deutlich einfacher, weil der Lebenslauf interessant war. Da stand dann sowas wie “Extreme Blue”-Praktikum bei IBM. Durch den Bundessieg wird man in die Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen.
Arends: Es brachte viele Kontakte oder, besser gesagt, Freunde. Viele Kollegen, mit denen ich jetzt bei Google zusammenarbeite, kannte ich schon vorher durch den BwInf und verdanke dem BwInf so indirekt meinen heutigen Arbeitsplatz.
Flake: Das kann ich nur bestätigen, für mich entstand auch ein Netzwerk, durch das ich an meinen Job jetzt gekommen bin.
BWINF: Haben Sie einen Tipp für heutige Teilnehmer?
Battré: "Algorithmen" von Robert Sedgewick lesen. Einen Coach suchen, der beim Wettbewerb erfolgreich war. Frühzeitig mit den Aufgaben anfangen und Zeit für eine gute Dokumentation einplanen.
Arends: Genau, und grundsätzlich bei den Einsendungen der Aufgaben unbedingt auf Korrektheit achten und alles so einfach wie möglich halten.
Flake: Gerade Teilnehmer, die zum ersten Mal dabei sind, sollten sich auf keinen Fall von schweren Aufgaben oder großer Konkurrenz beirren lassen.
BWINF: Sie sprachen das Netzwerk und Google an. Wie genau verlief Ihr Weg zu Google?
Battré: Nach vielen Umzügen sehnte ich mich nach mehr Beständigkeit. Auch Teamarbeit, hervorragende Arbeitsbedingungen und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung waren mir wichtig. Bei Google habe ich das gefunden.
Arends: Ich kam über einen Freund, der bereits bei Google in Mountain View arbeitete und mir ein Praktikum vermittelte, ins Unternehmen. Die Zeit bei Google hat mir so gut gefallen, dass ich schließlich blieb.
Flake: Letzten Endes war es Felix Arends, auf dessen Empfehlung ich zu Bewerbungs-Interviews nach München eingeladen wurde.
Eisinger: Bei mir war es ebenso. Ich habe über die anderen Jungs bei Google gehört, dass ihnen die Arbeit dort sehr gefällt, und mich daraufhin auch beworben.
BWINF: Ein richtiges Google-Netzwerk also. Wie sieht Ihr Tätigkeitsbereich aus? Woran arbeiten Sie aktuell?
Battré: Ich bin Softwareentwickler und Tech Lead des Chrome Privacy Teams. Wir prüfen für alle neuen Features von Chrome, ob sie den Anforderungen an die Privatsphäre genügen. Ich persönlich arbeite an einer Schnittstelle, mit der Browser-Erweiterungen den Besucher einer Webseite sicher umleiten können.
Arends: Ich gehöre zum User-Facing Privacy Team. Wir arbeiten an Webanwendungen, die unseren Benutzern Einsicht und Kontrolle über die Daten geben sollen, die Google mit ihrem Benutzerprofil speichert.
Flake: Ich bin auch im Bereich Privacy und arbeite unter anderem an den vielseitigen Tools, die Google seinen Nutzern anbietet, um zu verstehen, welche Daten gespeichert sind und wie die verschiedenen Google-Dienste genutzt werden.
Eisinger: Ich bin ebenfalls bei Google Chrome und WebKit involviert.
BWINF: Wo kommen wir in unserem Alltag mit Ihrer Arbeit in Berührung?
Battré: Sobald Sie Google Chrome verwenden.
Arends: Die Kontoeinstellungsseiten auf Google-Settings verwenden viele Codes, an welchen ich gearbeitet habe. Auch bei Google Plus und anderen arbeite ich mit.
BWINF: Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?
Battré: Nach dem Mittagessen, gegen 12.30 Uhr, gehe ich eine halbe Stunde Kicker spielen. Den Rest des Tages verbringe ich mit Verschiedenem: Programmieren, Teambesprechungen, abends Videokonferenzen mit Kollegen aus Amerika. Kurz vor 10 Uhr beginnt mein Arbeitstag. Dann gibt es ein Stand-Up, in dem wir im Team beschreiben, wie der allgemeine Stand der Dinge ist. Anschließend beantworten wir dann E-Mails aus Amerika und fertigen Code Reviews an. Alle Änderungen in Chrome müssen von mindestens einer weiteren Person überprüft werden.
Arends: Ich fange zwischen acht und zehn Uhr an zu arbeiten. Auf dem Weg ins Büro lese und sortiere ich die ersten Mails. Grundsätzlich überarbeite ich immer und überall meine Mails. Morgens beginne ich mit den ersten Code Reviews, eine typische Aufgabe von uns allen. Den Rest des Tages programmiere ich, diskutiere über Designs, beantworte Frage, gehe mittag- und abendessen. Gewöhnlich verlasse ich das Büro zwischen 18 und 20 Uhr.
Flake: Der Tag beginnt mit Espresso, frischem Orangensaft und Obstsalat im Büro. Auch ich beantworte ständig Mail-Angelegenheiten, die in der Nacht, in anderen Zeitzonen geschrieben worden sind, und mache Code Reviews. Oft diskutieren wir zu Designs. Wie bei Felix Arends ist das Abendessen im Büro fester Bestandteil meiner Tage.
Eisinger: Code Reviews sind tatsächlich sehr wichtig. Das klingt zwar zunächst sehr umständlich und langsam, tatsächlich werden so aber viele Fehler gefunden, bevor sie je im Produkt landen.
BWINF: Wie würden Sie die Arbeitsatmosphäre bei Google beschreiben?
Battré: Sehr locker. Man kann um 10 Uhr kommen, zwischendurch auch mal Erledigungen machen, sich frei organisieren. Alle sind sehr kollegial und freundschaftlich. Die Firma schätzt die Arbeit wert und versucht nicht, um jeden Preis die Kosten zu senken. Wir arbeiten mit einer effektiven Top-Ausstattung.
Arends: Es ist großartig! Am besten gefällt mir, dass ich eng mit wirklich talentierten Kollegen zusammenarbeite und jeden Tag etwas Neues lerne. Außerdem sind die meisten Prozesse hier sehr effizient. Nicht zuletzt trägt auch die Tatsache, dass es täglich drei sehr gute Mahlzeiten hier gibt, zum Klima bei.
Flake: Die Arbeit ist angenehm, man kann selbstständig und in kleinen Teams arbeiten, selbstorganisiert. Eine Herausforderung mit ausgesprochen talentierten Kollegen, durch die man permanent dazulernt, die verschiedenste Hintergründe haben und daher oft neue Sichtweisen eröffnen.
Eisinger: Das alles kann ich nur bestätigen.
BWINF: Beschäftigen Sie sich auch außerhalb Ihrer Arbeit mit Informatik oder haben Sie andere Hobbys?
Battré: Ich reise häufig und fotografiere gerne, tanze Latin und spiele Klavier. Ich programmiere in meiner Freizeit nicht mehr viel, informiere mich aber über Newsticker, beispielsweise Heise Newsticker, TechCrunch und andere.
Arends: In letzter Zeit spiele ich häufiger abends mit Freunden Basketball oder squashe. Neben meinen "aktiven" Hobbies schaue ich gerne Filme und höre Musik.
Flake: Ich mache ebenfalls viel Sport, besonders Snowboard, aber auch Fitness. Ich programmiere privat gerne hin und wieder, aber eher weniger.
Eisinger: Ursprünglich war die Entwicklung von Open-Source Software ein großes Hobby von mir. Ich habe einige Treiber geschrieben, unter anderem für Scanner oder für ein paar Komponenten von Laptops. Nachdem das aber mein Beruf geworden ist, beschäftige ich mich in meiner Freizeit immer weniger mit Computern. Stattdessen verbringe ich mehr Zeit mit meiner Familie.
BWINF: Vielen Dank für das Interview.